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Mein Weg durch die Transition

Teil 1 - nach dem Coming-Out

                  bis zur ersten OP

Eintrag 01.08.07

Nun gehe ich ohne Angst als Harumi auf die Straße. Ich bin dort eine "Frau" unter Frauen. Natürlich werde ich da auch von einigen gemustert. Ob sie etwas bemerkt haben? Ich glaube eher weniger. Meine Frau, die oft dabei ist, wie beim Einkaufsbummel im Havelpark Dallgow, meint ebenfalls, die meisten schauen nur. Wenn ich Harumi bin, dann will ich auch Frau sein und das immer öfter.

 

Eintrag 08.08.07

Jetzt wurde ich in meinem Auftreten durch negative Erfahrungen eines Besseren belehrt - viel ist nicht immer gut, weniger ist da mehr! So gebe ich nun dezenter und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Ich werde nicht mehr, aber auch nicht weniger, als die "echten" Frauen gemustert.

Großen Anteil an dieser eigentlich schon lange notwendigen Erkenntnis hat meine Freundin Maike, der ich für die unmissverständlichen Worte recht herzlich danke. Diese Worte kamen von einer ähnlich Gesinnten und hatten ein unendlich größeres Gewicht, als die freundlich gemeinten Ratschläge von Bekannten, die ja als Außenstehende nur der Meinung sind, ich verkleide mich aus Spaß.

 

Eintrag 14.09.07

Man(n/Frau) lernt nie aus! Harumi ist nicht so alt wie Harald. Ich hatte ja  noch nicht viel Gelegenheit, um Erfahrungen zu sammeln, weil ich so noch nicht oft draußen war. Harumi ist noch recht jung und versucht sich ihrem Alter und ihrer Reife entsprechend zu kleiden und das Bild von sich zum Leben zu erwecken. Je öfter ich als Harumi unterwegs bin, um so reifer werde ich. Einen entscheidenden Anteil daran hat die neue Freundschaft mit Claudi. Mehrere Treffen sind sehr hilfreich, besteht hier doch die direkte Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und Probleme bzw. anstehende Fragen zu erörtern. Alles schätze ich für die weitere Weiterentwicklung und Perfektionierung von mir, will ich doch in der Öffentlichkeit möglichst nicht als Trans* erkannt werden.

 

Eintrag 23.11.07

Es ist eingetreten, was ich schon seit einiger Zeit im Unterbewusstsein gefühlt und wovor ich unendlich viel Angst hatte: Ich habe meine Seele mit fortschreitender Entwicklung nicht mehr in Einklang gekriegt. Der Alltagsstress und die Probleme waren zu groß. Ein Abschalten davon und ganz Harumi sein, schien in weite Ferne gerückt. Und dann gab es auch noch "Freunde", die genau wussten, was ich als Harumi zu tun und zu lassen hatte. Da habe ich mich eingeigelt und wurde in gewisser Weise sogar scheu und emotional. Wünsche, die Harumi hatte, gingen nicht in Erfüllung und ich fragte mich, ob ich denn überhaupt "im richtigen Zug" sitze.

Geboren aus dieser Situation entstand nach und nach ein enger Briefwechsel mit Rita, der mir sehr bei der Bewältigung meiner Identitätsprobleme weitergeholfen hat. Ich möchte Euch hier ein Zitat (mit frdl. Zustimmung) aus einer ihrer ersten Mails nicht vorenthalten, weil ich denke, es wird auch anderen Trans* beim Nachdenken helfen:

>Ach Schatzi,
es ist nicht nur das Gefühl, es ist die andere Sicht auf die Welt und all die Dinge, die das Frausein ausmachen. Und in diese Stimmung musst du dich ganz bewusst versetzen, die Klamotten, die Perücke und die Schminke sind da nur Mittel zum Zweck. Je bewusster du sie einsetzt und anwendest - das geht eben nicht in 10 Minuten, eine schöne Frau werden, braucht Stunden!!! - desto perfekter wird das Weib in dir. Das Gefühl kommt dann von ganz allein dazu.
<
 

Ich bin gern Harumi, sie ist ein Teil von mir und ich habe jede Minute als Harumi genossen. Und wenn mich jemand fragt, ob ich alles noch mal so machen würde, dann kann ich ihm nur antworten: Jederzeit wieder!!! Mit einer Erweiterung, >viel, viel früher dazu stehen< und einer Einschränkung, >schraube deine Erwartungen nicht zu hoch!<. Einerseits die Krankheit meiner Frau (will und muss ich hier nicht näher erläutern, tut dem bisher über meine Frau gesagtem aber keinen Abbruch!) und andererseits die allgemeinen Zwänge des täglichen Lebens, wie z.B. die Rücksichtnahme auf Verwandte, Bekannte u.a. haben Spuren hinterlassen. 

Ich muss mich jetzt endlich selbst finden! Ich muss für mich klären, wer bin ich nun oder wer will ich sein? - Harumi wird erst mal für einige Zeit in die "Warteschleife" geschickt (auch beruflich bedingt), natürlich mit dem Wissen, dass sie sich einfordert, wenn "sie" wieder 'raus' will!!!

Aufmerksame Leser werden jetzt bestimmt meckern: an anderer Stelle hat sie/er geschrieben, dass nach dem Outing als TV die Seele wieder im Einklang ist. - Stimmt! Aber heute weiß ich mehr. Bei mir war einige Zeit mit dem tieferen Fühlen gar nichts im Einklang.

Nun ist wieder viel Wasser die Havel runtergeflossen und ich finde wieder immer mehr zu mir. Ich weiß jetzt wirklich, was ich will. Viele schöne Erlebnisse haben mir dabei weitergeholfen. Harumi ist ein Teil meiner Persönlichkeit und, wen wundert's, wird es immer bleiben! Ich habe mich ca. 35 Jahre versteckt, habe so gelebt, wie man es von mir erwartete. An erster Stelle stand meist die Eisenbahn als Hobby. Heute lebe ich für mich und auch für meine Frau. Ich lasse mir nicht weiter vorschreiben, was ich soll und wie ich sein müsste. Begründete Kritik nehme ich aber trotzdem gern an. Es ist mein Leben und ich will mit meiner Frau glücklich sein. Entscheidenden Anteil daran haben die vielen neuen Freundschaften mit den "Schwestern" aus meinem neuen Umfeld. Sie sind zu mir wie eine große Familie mit viel Herzlichkeit und vor allem Verständnis. Aber auch der Zuspruch von Arbeitskollegen und wirklich guten Freunden haben dazu viel beigetragen.

 

Eintrag 19.12.07

Ich habe nochmals viel über Harald und Harumi nachgedacht. Es hat mir unheimlich bei meinem Selbstfinden als Harumi geholfen. Bisher war ich mir immer noch nicht so richtig sicher, ob ich denn wirklich im richtigen Zug sitze. Jetzt weiß ich es: Ich sitze im richtigen Zug und der Zug ist mit mir schon vor Längerem abgefahren. Harumi als das zweite "Ich" von Harald ist für mich der einzig gangbare Weg zur, wie soll ich sagen, Befriedigung meiner Seele. Wie Rita vor einiger Zeit mir geschrieben hatte, das Leben auch aus weiblicher Sicht sehen und verstehen, das ist das, was ich bis dato immer noch nicht so richtig verstanden hatte. Aber es ist die Wahrheit, die mich zur Ruhe kommen lassen wird! Ich habe auch nach dem Treffen mit Wilhelmina lange über mich nachgedacht und dann meine Schlüsse gezogen. Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen und sie versteht mich immer besser, sie liebt ja auch diese Harumi in mir. Harumi ist fester Bestandteil meines, unseres Lebens und das zu leugnen, wäre sich vor der Realität zu verstecken.

Vor einigen Wochen habe ich mich auch im Verein, einem renommierten Modellbahnverein hier in Brandenburg an der Havel, in dem ich seit 1971 Mitglied bin und dessen Geschicke ich 22 Jahre als Vorsitzender gelenkt habe, als TV geoutet. Viele fielen da bestimmt erst mal in ein tiefes Loch. Sind sie doch jahrelang durch Gesellschaft und Umfeld geprägt worden und hatten sicherlich auch noch keinen direkten Kontakt mit dieser Problematik, allenfalls in Funk und Presse. Sie fingen an, sich selbst zu hinterfragen: O Gott, ich habe die ganze Zeit mit einem Transgender Freud’ und Leid des Vereins geteilt, der gar kein „richtiger" Mann ist. Sie haben sich bestimmt Gedanken gemacht, wie wohl die Gesellschaft reagieren würde, wenn herauskommt, dass sie mit einem Trans* Kontakt haben und lehnen diesen schlichtweg ab. Ich finde es eigentlich schade, dass es meist dann daran scheitert, die so oft geforderte Harmonie der Menschen untereinander zu leben. Viele nehmen sich dadurch von vornherein die Chance, von den Eigenschaften ihres Gegenüber zu profitieren. Ich habe mich doch nun im Denken und Fühlen nicht geändert, nur weil ich die Kleidung des anderen Geschlechts trage. Als Mensch bin ich noch immer der gleiche! Sie entscheiden nicht nach dem, was sie empfinden oder über diese Person denken, sondern entscheiden sich, sich weiterhin den gesellschaftlichen Zwängen unterzuordnen, die sie jahrelang eingetrichtert bekamen. Nur sehr wenige haben den Mut, aus diesem Teufelskreis auszubrechen und zu sagen. " Für mich bleibst du der gleiche Mensch, der du immer für mich warst!"

 

Eintrag 04.01.08

Das Jahr 2007 ist nun zu Ende gegangen. Für mich hat sich im vergangenen Jahr sehr viel geändert. Ich habe mich geoutet und habe dadurch auch Freunde verloren. Aber das ist nicht weiter tragisch, auf die kann ich verzichten. Der Verein tut sich ebenfalls mit einem Trans-Menschen in seinen Reihen sehr schwer und es bleibt abzuwarten, wie sich das alles noch weiter entwickelt. Vorerst hat man sich jedenfalls erst mal darauf festgelegt, Zitat: "Ich finde Dich zum Kotzen!" und "Du ekelst mich an!"

Trotzdem lässt sich heute resümierend sagen, es war kein vertanes Jahr. Ich weiß wieder, wer ich bin und was ich will. Das Leben ist wieder interessant geworden. Viele neue Freunde und "Freundinnen" habe ich gefunden, bzw. bestehende Freundschaften haben sich noch weiter gefestigt und sie haben mir alle die Kraft gegeben, meinen Weg zu gehen. Sie unterstützen mich durch ihre Freundschaft und mit ihnen kann ich über alles reden, wo andere nur den Schwanz einklemmen. Sie sind nicht belastet mit Dogmen der Gesellschaft, sie sind aufgeschlossen dem Leben gegenüber.

Harumi ist in der relativ kurzen Zeit, in der sie offiziell outdoor war, erwachsen geworden. Sie hat viel und schnell gelernt. Heute weiß ich mich beispielsweise entsprechend zu kleiden und als "Frau" aufzutreten, wobei von Zeit zu Zeit aber doch immer mal gern wieder das junge Mädchen durchkommt.

Ich habe meine Natürlichkeit wiedergefunden, bin wieder ganz ich und als Harumi mehr als je zuvor glücklich und im Einklang mit meinen Gefühlen und meinem Denken. Ich freue mich auf das, was das Leben für Harald und Harumi in Zukunft noch so alles bereithält. Als Mensch haben wir ja die göttliche Gabe, uns an Schönes immer wieder gern zu erinnern und das Schlechte können wir vergessen. 

 

Eintrag 04.04.08

Heute habe ich vom Vereinsvorsitzenden die Mitteilung über meinen Ausschluss aus dem Brandenburger Modellbahn-Freunde e.V. erhalten.

 

Eintrag 31.07.08

Viel Wasser ist nun wieder die Havel heruntergeflossen.  

Ich hatte mich bemüht, im Verein den Wünschen der derzeitigen Vereinsführung meine Person betreffend möglichst so gerecht zu werden, wie sie es gern hätten. Sicherlich stand aber das Ziel eigentlich schon seit einiger Zeit fest. Harumi bzw. ein Transgender war in diesem Verein fehl am Platze und musste weg, koste es, was es wolle. Was nicht sein darf, nicht sein kann, wie zu DDR-Zeiten. Und so kam es dann, es wurde eine Mitgliederversammlung des Brandenburger Modellbahn-Freunde e.V. inszeniert, in der der Ausschluss zur "Wiederherstellung des Vereinsfriedens" beschlossen wurde.

Damit ist für mich ein Lebensabschnitt zu Ende gegangen, den ich nicht missen möchte, aber, dem ich heute auch nicht nachtrauere. Die Modellbahn ist für mich nur noch nebensächlich.

Ich bin bereits vor über einem Jahr in einen neuen Lebensabschnitt getreten, das Ausleben meiner so lange, viel zu lange, unterdrückten Neigung oder besser inneren Einstellung. Jetzt bin ich wirklich glücklich. Das Leben macht wieder richtig Spaß und ich habe Freude daran. Natürlich habe ich auch viele neue Erfahrungen gemacht, speziell im Hinblick auf Freundschaften, richtige Freundschaften. 

Harumi ist mein Leben, ich kann mir nichts schöneres mehr vorstellen. Heute weiß ich, dass ich eigentlich auch nicht unter der Bezeichnung Transvestit einzuordnen bin, das war nur eine Station auf meinem Weg. Die Bezeichnung Transgender passt da schon besser. Ich bin eher in Richtung transsexuell einzuordnen. Ich fühle mich als Frau und will dann als Harumi auch so gesehen und verstanden werden. Dies ist meine innere Einstellung, die ich aber immer noch mehr oder weniger unterdrückt hatte. Nach wie vor plane ich trotzdem keine geschlechtsangleichende Operation. Ich bleibe also biologisch weiterhin ein Mann und werde im beruflichen Leben auch so weiterleben, auch meiner Frau zu Liebe. Ich möchte sie nicht verlieren und sie hat mich ja als Mann geheiratet. Eine lesbische Ehe steht also auch mit dieser Tatsache nicht auf der Tagesordnung. Dieses Zugeständnis bin ich ihr einfach schuldig für ihr Verständnis für mich. Und glaubt mir, es ist für sie nicht gerade leicht, mich als Trans* zu akzeptieren.

 

Eintrag 21.08.08 

Das Leben geht weiter! Nachdem ich mir nun im Klaren bin, dass bei mir Transsexualität vorliegt, ich also im falschen Körper stecke, obwohl ich das bisher immer noch nicht wahrhaben wollte und vor mir hergeschoben habe, lebe ich es auch richtig aus. Mein männliches "Ich" gibt es nur noch auf der Arbeit, ansonsten bin ich "Frau". Und ich bin so glücklich, dass auch meine Ehefrau weiter zu mir hält. In unserem letzten Kurzurlaub am vergangenen Wochenende (4 Tage Hamburg) war kein Harald mehr dabei. Ich hatte meine männliche Bekleidung zu Hause gelassen, so dass auch kein Hintergedanke aufkommen konnte. Und glaubt mir, nur als Harumi; ich war das glücklichste Mädchen auf der ganzen Welt. Überall wurde ich als Frau akzeptiert. Die, die mich auf Grund meines doch noch immer etwas männlichen Aussehens gemustert hatten, waren nur wenige. Mein Auftreten muss also schon recht weiblich rüberkommen. Wenn ich dann mal mit dem Einen oder Anderen näheren Kontakt hatte, waren sie sehr erstaunt, dass da ein biologischer Mann ihnen gegenüber stand. Mein allerletztes Auftreten richtig als Mann war auf Wunsch meiner Frau zu ihrem Geburtstag zum Musical "Ich war noch niemals in New York" in Hamburg 

Einen Tag nach unserem Urlaub hatte ich meinen ersten Termin beim Psychologen. Es war ein sehr nettes und vor allem sehr verständnisvolles Gespräch. Wie meine Hausärztin war auch der Psychologe sehr um mich bemüht. Wir haben erst mal die allgemeine Thematik Transsexualismus mit allem Drum und Dran erörtert, bevor wir beim nächsten Termin ins Detail mit was und wie gehen. Meine Privatdiagnose wurde durch den Psychologen bestätigt, ich bin wirklich transsexuell! Der nächste Schritt ist nun meine Vornamenänderung beim Vormundschaftsgericht. Hierbei habe ich mich für Michelle als zweiten Vornamen entschieden. Harumi ist in Deutschland ein nicht allzu bekannter und vor allem weiblicher Vorname und dafür steht nun Michelle als hoffentlich eindeutig weiblich, Rufname bleibt aber Harumi. Der Staat hat vor allem erst mal viel Bürokratie gesetzt, bevor richtig zur Sache gekommen werden kann. Aber ich will es ja und dann muss ich da halt durch! 

 

Eintrag 15.09.08 

Ich hatte nun meinen nächsten Termin beim Psychologen gehabt, ein sehr langes Gespräch. Er stellte mir unerbittlich viele Fragen zu meinem Leben, um sicher zu sein, dass ich wirklich im falschen Körper stecke. Wie die Gutachter, denen ich mich für meine Vornamenänderung stellen muss, hat er mich ausgefragt, um sich ein Bild von mir zu machen. Zum Schluss haben wir einen neuen Termin nach meinem Jahresurlaub vereinbart, an dem der Gesundheitscheck gemacht wird und ich danach dann mit der Hormonbehandlung beginnen kann. 

Inzwischen kam auch mein Ergänzungsausweis von der dgti, der mich im Zusammenhang mit meinem Personalausweis als transident ausweist. So erspare ich mir hoffentlich peinliche Befragungen staatlicher Organe usw., weil ich ja nun als "Vollzeitfrau" lebe. Harald ist nur noch in Ausnahmefällen anzutreffen und dann auch nicht mehr richtig als Mann. Meine Vornamenänderung in Harumi Michelle ist ebenfalls beim Vormundschaftsgericht in Potsdam beantragt. Aber da mahlen die Mühlen langsam, so dass ich wohl noch viel Geduld haben muss. 

Übermorgen fliege ich nun in den Urlaub nach Mauritius und Harald muss, wie beim Urlaub in Hamburg, zu Hause bleiben. Ich freue mich schon riesig darauf, mit meiner Partnerin, Freundin und vor allem Ehefrau (alles in einer Person) diese Reise als "Frau" zu erleben. Bestimmt werden wir da schöne Fotos machen und Erlebnisse haben. Bedenken, bezüglich des Erkanntwerdens als Mann, habe ich wenige. Bei den letzten Veranstaltungen, bei denen ich dabei war, wurde ich fast nur als Frau gesehen. Man wunderte sich nur über meine Stimme. Natürlich weiß ich nicht, was die Leute für sich wirklich denken. 

 

Eintrag 03.10.08 

Der Urlaub ist vorbei und ich bin wieder in Deutschland. Das Wetter auf Mauritius war leider nicht besonders, aber dafür kann ja keiner. Trotzdem zeugen viele Fotos davon, was ich als Frau alles erleben durfte. Probleme mit meinem Auftreten gab es keine Nennenswerten. Nur die deutschen Passbehörden brauchten erst einen Blick in den Ergänzungsausweis, um mich so reisen zu lassen.

In Mauritius wurde ich überall freundlich behandelt, wenn auch mein Anblick für einige doch etwas ungewöhnlich war. Auch so, unter den anderen Urlaubern konnte ich keine negativen Erfahrungen machen. Die, mit denen ich ins Gespräch kam, standen sehr aufgeschlossen der Thematik Transidentität gegenüber, obwohl sie noch nie so direkt damit konfrontiert wurden. Also aus dieser Sicht war der ganze Urlaub ein voller Erfolg und für mich eine Bestätigung für mein wahres ICH. Ich konnte, so wie ich bin, leben. Ich fühlte mich irgendwie freier, ungezwungener als je bei einem Urlaub vorher, obwohl das Frausein mit einem männlichen Körper mehr Aufwand und Disziplin verlangt, als von jedem anderen.

Warum geht das in vielen Situationen in Deutschland nicht? Wir Transgender sind doch Menschen wie jeder andere auch!!!

 

Eintrag 17.10.08 

Heute ist Tag "1" meiner Hormonbehandlung. Wie sagte eine Freundin mal: "Die Spiele mögen beginnen!" Ich bin gespannt, wie reagiert mein Körper auf die Einnahme gegengeschlechtlicher Hormone. Vertrage ich das alles gut und welche Veränderungen werden sich zeigen? Wird mein Aussehen weiblicher, wachsen mir nun auch schöne Brüste? Wir werden sehen! Ich will jedenfalls mit meine Entwicklung mit Fotos dokumentieren und werde auch von Zeit zu Zeit darüber berichten. Ob ich allerdings auch "Beweisfotos" hier einstellen werde, steht noch in den Sternen.

Des weiteren habe ich heute den Termin für die Anhörung beim Vormundschaftsgericht für meine Vornamenänderung erhalten. 

Eine bekannte Moderatorin im Fernsehen sagt auch immer: "Alles wird gut!"

 

Eintrag 12.11.08 

Tag "27" meiner Hormonbehandlung. Allzu viel ist noch nicht passiert. Der Körper muss sich ja auch erst neu einstellen. Im Brustbereich ist es aber schon etwas mehr geworden. Und gefürchtete Nebenwirkungen habe ich leider auch schon erfahren müssen. Migräneähnliche Zustände wie in der vergangenen Woche sind glücklicher Weise nicht wieder aufgetreten. Dafür bin ich am vergangenen Wochenende in tiefe Depressionen gefallen, die ich jetzt hoffentlich so leidlich überwunden habe. Stellenweise ging hierbei bei mir nichts mehr, immer wieder auftretende Heulanfälle haben mich fast gelähmt. Die Ursachen hierfür liegen schon etwas zurück, der aufmerksame Leser dieser Seite ahnt aber bestimmt, warum. Einen Lebensabschnitt, für den man fast alles gegeben hat, als, 'danke, das war's', so einfach ins Archiv der Lebensgeschichte stecken und obendrein noch Schmach dafür einstecken zu müssen, das ist hart, sehr hart. Und eine Frau geht mit so etwas eben anders um, als ein Mann. Anfangs wollte ich von all der gesamten Modellbahnerei nichts mehr wissen. Ich habe auch schon vieles verkauft, werde mich aber doch nicht von allem trennen. Die Modelleisenbahn war und ist sicherlich auch weiterhin ein wunderbarer Stresskompensator für mich, nur, sie wird nie mehr den Stellenwert erreichen, den sie mal hatte. 

Heute habe ich beispielsweise auch das Inlineskaten für mich entdeckt. Ein hervorragender Nebeneffekt ist hierbei, man tut etwas für die Figur. 

 

Eintrag 04.12.08 

Tag "49" meiner Hormonbehandlung. Leider sind die Depressionen noch immer fast allgegenwärtig. Dazu kommt, das meine Partnerin/Frau wohl auch mit mir zunehmend Probleme hat. Es bilden sich bei mir immer mehr die weiblichen Formen heraus. Wo manche TS lange oder gar vergeblich drauf wartet, das geht bei mir recht zügig. Die Oberweite nimmt stetig zu. Cup-Größe A fülle ich schon gut aus. Silikonprothesen sind seit einer Woche Vergangenheit, weil ich sie des Druckes auf der Brust wegen nicht mehr nehmen kann. (Also kleinere Brötchen backen als vorher.) Meine Partnerin/Frau hat immer mehr eine Frau an ihrer Seite, der Mann ist nur noch mit seinem standesamtlichen Namen und dem männlichen Etwas im Schritt vorhanden. Die Namenänderung läuft ja bereits, leider sehr schleppend, und nun rede ich schon ganz offen von der GA-OP, die sie nicht will. Die Zeit drängt aber, denn bei meinem Alter wollen die Ärzte schon nicht mehr so recht ran. Also, die Entscheidung weiter vor mir her schieben, geht kaum noch. Die allgemeine Vorbereitung dauert noch wenigstens gut ein Jahr und dann bin ich 53. Ich kann und will auch nicht mehr zurück. Bleibt zu hoffen, dass sich alles wieder einrenkt und wir einen akzeptablen Nenner gefunden haben.

Seit die Wölbung meiner Kleidung im Brustbereich echt ist, ist auch mein weibliches Selbstbewusstsein enorm gestiegen. Mit der bisherigen "Imitation" mit Silikon war das bei weitem nicht so. Heute glaube ich es auch sehr gut zu verstehen, was eine Frau durchmacht, wenn sie eine oder gar beide Brüste verliert. Außenstehende können sich in diese Situation sicherlich genau so wenig hineinversetzen, wie Nichtbetroffene in die Situation von Transsexuellen. Und trotzdem nehmen sich viele das Recht heraus, zu sagen, wie und was zu machen ist. 

Auch habe ich viele neue Freundschaften geschlossen, schönere und bessere, als je zuvor. Mit ihnen kann ich über alles reden. Sie hören geduldig zu und versuchen, mich zu verstehen. Sie sagen ihre ehrliche Meinung, kritisieren auch, auch wenn es manchmal hart ist. Wir haben schon viele schöne Stunden verbracht, haben beispielsweise kulturell etwas unternommen oder nur die Seele baumeln lassen, raus aus den engen Grenzen der Partys oder nur Shoppen gehen, keine dogmatischen oder immer wieder breitgetretenen Ansichten bzw. Einstellungen. Da lebe ich dann richtig, das ist wie Urlaub vom Alltag, das ist wie Medizin gegen die Depressionen.

 

Eintrag 17.12.08 

Tag "62" meiner Hormonbehandlung. Die Depressionen sind Vergangenheit. Auf vielfache Empfehlungen, auch von der Selbsthilfegruppe, habe ich die Dosis des Androcur (Testosteronblocker) stark reduziert. Gerade bei dem Mittel sind diese Nebenwirkungen häufig. Als Erfolge kann ich verbuchen: Meine Brust wächst kontinuierlich weiter, auf meinem Kopf tut sich auch etwas, meine Friseurin hat bestätigt, dass da viele neue Haare sprießen, die Behaarung an Armen und Beinen wird weniger und worüber ich sehr zufrieden bin, mein Aussehen und auch Auftreten wird immer weiblicher. Ich sehe mich jeden Tag im Spiegel, aber Bekannte, die mich ein bis zwei Monate nicht gesehen haben, haben dies bestätigt. 

Heute kann ich mir ein anderes Leben als als Frau nicht mehr vorstellen. Es ist für mich schon ein Graus, wenn ich mich nicht rasieren darf, weil ich am nächsten Tag zum Epilieren will. Mein Leben als Frau leben, Jahrzehnte habe ich davon geträumt, ohne irgendwie zu ahnen, dass es einmal Wirklichkeit sein würde. Heute ist es pure Wirklichkeit. Für mich kann ich mit absoluter Gewissheit sagen: Alltagstest als Frau mit Auszeichnung bereits bestanden. Nun fehlt nur noch das Eigentliche, die geschlechtsangleichende OP und die Personenstandsänderung. Und da denke ich, das wird noch ein sehr langer und steiniger Weg. Nach meinen vorsichtigen Schätzungen rechne ich 2010 damit. Und, ich werde ja auch immer älter, dann werde ich 53 sein. Bisher hatte ich dazu noch keine absolute Aussage getroffen. In der vorletzten Nacht kam dann der endgültige Entschluss, ja, ich will, ich will, ICH WILL! Dieser Entschluss ist unumstößlich. Diese OP bedeutet mir heute alles, ist sie doch das Ziel eines langen, sehr langen Weges. Ich bin sogar bereit, wenn es absolut nicht anders geht, die Verbindung mit meiner Partnerin dafür aufzugeben. Ich kann und vor allem, ich will mit dieser biologischen männlichen Ausstattung nicht mehr leben. Vor vielen Monaten hatte ich diese Entscheidung noch kategorisch ausgeschlossen, aber sage niemals "NIE"!!! 

Ich fühle mich nicht als Frau, nein ich bin eine Frau und das dann bitte auch ganz!

 

Eintrag 23.12.08 

Tag "68" meiner Hormonbehandlung. Die Bearbeitung meiner Vornamenänderung beim Vormundschaftsgericht stagniert. Innerhalb von 5 Wochen nach meiner Anhörung hat man es nicht geschafft, die vorgesehenen Gutachter über ihre Bestellung zu informieren. Dass ich in der vergangenen Woche dann doch schon den ersten Gutachtertermin hatte, war nur meiner Eigeninitiative zu verdanken.

Seit ich nun meinen Entschluss zu GA-OP definitiv gefasst habe, bin ich auch innerlich viel ruhiger geworden. Ich habe ein festes Ziel vor den Augen, es gibt keine Überlegungen mehr ob ja oder doch nein, oder weiterhin nur vielleicht eventuell. Das ist gewesen! Natürlich muss ein Schritt zu solch einer OP genauestens überlegt sein, ein Zurück ist danach nicht mehr möglich. Wenn und Aber wurde genauestens abgewogen, die Entscheidung ist gefallen und dazu stehe ich, wie ich auch sonst zu meinen Entscheidungen stehe.

Gestern Abend hatte ich wieder so ein Erlebnis, was kleinkariertes Denken und Weltfremdheit alles aus "gestandenen" Menschen machen kann. Es sollte wie jedes Jahr ein schöner Abend mit Kollegen beim Bowling in der Vorweihnachtszeit werden. Und was ist geworden? Einige Kollegen haben sich  kleinlaut in eine Ecke verkrochen und ein Bier nach dem anderen in sich hineingeschüttet, um nur nicht mit mir in Kontakt treten zu "müssen", wo sie doch sonst so tolle Kerle zu sein vorgeben. Und weil sie so "tolle Kerle" sind, haben sie nicht mal den A.... in der Hose gehabt, im Vorfeld zu sagen: 'Es ist vielleicht besser, du kommst nicht.' Ich hätte ihnen das sicher nicht mal übel genommen. Dieses Auftreten der Kollegen lässt nur erahnen, was mich im Betrieb alles noch erwarten wird. Ich bezeichne das als Dummheit, sich verschließen vor der Realität, nicht mal den Versuch zu wagen, sich zu informieren über wieso, warum, weshalb, nur weil eine Transfrau nicht in die bereitgestellte Schublade dieser Personen passt. Fragt man dann noch obendrein, warum sie ein Mann bzw. Frau sind und warum sie sich so fühlen und definieren, kriegen sie nicht mal eine halbwegs nachvollziehbare Antwort zusammen. Aber das habe ich ja auch schon mit einigen Mitgliedern des Brandenburger Modellbahn-Freunde e.V. durch. 

 

Eintrag 27.12.08 

Wieder ein Jahr geht zu Ende, für mich ein sehr turbulentes Jahr. Habe ich mich zu Jahresbeginn noch immer eher als TV verstanden, kam sehr bald die Erkenntnis, das ist es nicht. Schwere seelische Probleme beim jeweils erforderlichen Zurückwechseln in die männliche Rolle stellten meine Psyche auf eine härtere Probe als je zuvor. Sogar Gedanken an Selbstmord machten sich breit. Logische Folge, ärztliche Hilfe und da bekam ich es dann auch unmissverständlich und schwarz auf weiß: "Sie sind transsexuell, sie stecken im falschen Körper!". Fortan war ich keine Freizeitfrau mehr, sondern Vollzeitfrau. Die notwendigen Untersuchungen wurden gemacht und meine Geschlechtsangleichung begann mit der Hormonbehandlung. Trotzdem fuhr meine Seele immer noch Achterbahn. Wie weit will ich mit der Geschlechtsangleichung gehen? Meine Frau wollte nicht, dass ich auch die GA-OP mache, hat sogar mit Scheidung gedroht. Kurz vor Weihnachten stand mein Entschluss definitiv fest, ich gehe meinen Weg bis zum Schluss, mit allen Konsequenzen. Nachdem ich meiner Frau diesen Entschluss so halbwegs schonend wie möglich beigebracht hatte, will sie nun doch versuchen, damit zu leben, eine richtige Transfrau und keinen halben Mann an ihrer Seite zu akzeptieren. Von diesem Zeitpunkt an lebe ich mein neues, wahres Leben noch bewusster. Da sind keine Gedanken mehr, wie würde es sein, wenn ich noch Harald oder "nur" TV wäre. Ich fühle mich als Frau und lebe nun als Frau! Folglich soll auch das körperliche Aussehen so gut und so schnell wie möglich dem angepasst werden. Dann bin ich eine richtige (Trans-)Frau und das will ich bleiben, bis an mein Lebensende. Hoffentlich habe ich noch sehr viele schöne Jahre und kann dieses Leben so lange wie möglich genießen. Von allen ewig Gestrigen erwarte ich, dass sie mir das gleiche Recht eingestehen, in Achtung meiner Menschenwürde zu leben, mich zu achten und zu akzeptieren, wie sie dieses Recht für sich selbst einfordern und in Anspruch nehmen! 

Der Brandenburger Modellbahn-Freunde e.V. hat sich Mitte des Jahres einen Anwalt genommen, um die zu dieser Zeit auf meinen Namen konnektierte Homepage für seine Nutzung einzuklagen, obwohl er zur gleichen Zeit eine eigene neue Homepage geschaltet hat. Den Machern geht es wohl nicht um die weitere Nutzung, sondern es missfällt ihnen, die Wahrheit über ihre Auslegung der Menschenrechte weltweit lesen zu können und das ist ja nicht gut fürs Image. Bei der Gelegenheit soll mir auch untersagt werden, die Vereinsbezeichnung jemals wieder (vor allem hier im Internet) öffentlich zu nennen. Wie geht ein altes Sprichwort?: "Getroffene Hunde bellen!" 

Ich bin trotzdem dankbar für mein bisheriges Leben, wenn ich den Wechsel auch wahrscheinlich hätte viel früher haben können. Viele Lebenserfahrungen, die ich als Mann gemacht habe, sind für eine Biofrau unerreichbar, ich kann sie aber nun als Transfrau nutzen. Wer kann schon von sich sagen, in zwei Geschlechtern gelebt zu haben? 

 

Eintrag 08.01.09 

Tag "84" meiner Hormonbehandlung. Mein Kurzurlaub nach Puerto de la Cruz, Teneriffa ist Geschichte. Auch hier hatte ich keine Probleme, als Frau akzeptiert zu werden. Allerdings ist so ein großes Hotel weitaus anonymer, als ein kleines, fast familiäres Hotel, wie in Mauritius. Wie schon vorher, kamen bei diesem Urlaub, mein 3. nur als Frau, keine Gedanken mehr auf, dass ich ja eigentlich noch Mann bin. Harald ist schon längst im Archiv meiner Lebensgeschichte, nur wenn die Sprache darauf kommt, ist mir bewusst, dass ich im behördlichen ja noch der Harald bin, und natürlich in der noch biologischen Ausstattung meines Körpers, aber da weiß ich, das wird sich auch alles bald ändern. 

Mit der Sozialversicherung und Krankenkasse gibt es Probleme, sie wollen meine neue Identität nicht akzeptieren, obwohl sie es eigentlich müssten. Also wieder endloser Schriftverkehr. Mit der Namensänderung tun sich eigentlich fast alle Institutionen schwer. Ob  Versandunternehmen, Dienstleister oder andere, die meisten berufen sich auf Datenschutzbestimmungen und verlangen oft amtliche Urkunden, am besten noch eine Einverständniserklärung meiner verstorbenen Eltern. Wo es irgend geht, melde ich mich ohne Kommentar ab und dann mit neuer Identität wieder an. Da fragt, wie allgemein üblich, keiner nach Dokumenten, allenfalls nach der Kreditkarte. 

Nächste Woche habe ich wieder einen Termin bei meinem Psychologen, da werde ich ihn dann bitten, die medizinische Indikation meiner Transsexualität zur Beantragung der Kostenübernahme für die GA-OP für meine Krankenkasse zu stellen. Die Krankenkassen und auch der MDK brauchen ja eine gehörige Zeit, sich zur Kostenübernahme durchzuringen, zumal ich die OP in einer Privatklinik durchführen lassen will. Meist fallen ihnen dann auch noch einige Forderungen ein, die man erfüllen soll. 

 

Eintrag 03.02.09 

16. Woche meiner Hormonbehandlung. Die Körperbehaarung wächst jetzt unterschiedlich, an den Beinen und im Gesicht langsamer, auf den Armen ist nur noch sehr wenig Haarwuchs. Dafür geht es auf dem Kopf nun etwas schneller. Hierfür nehme ich aber auch als "Zusatzmittel" noch Propecia, damit sich die lichte Stelle in Kopfmitte wieder schließt. Laut meiner Friseurin wachsen da auch schon überall wieder neue Haare. Vielleicht klappt das so gut, dass ich im Frühjahr schon mit einer geeigneten Frisur auf Perücken verzichten kann. Auch ist meine Haut sichtbar reiner, glatter und geschmeidiger als vor Beginn der Hormonbehandlung. Eine Fettverteilung kann ich noch nicht mit Sicherheit feststellen, aber mein Po scheint schon etwas runder geworden zu sein. Mit meiner Psyche hat sich auch einiges verändert. Wie meine Partnerin bestätigt, "zicke" ich jetzt sehr viel rum und ich bin extrem emotional geworden. Da reicht meist schon ein einziges falsches Wort.

Bei der gerichtlichen Vornamenänderung ist seit fast 3 Monaten Stillstand. Das Vormundschaftsgericht hat es seit meiner Anhörung am 13.11.2008 noch immer nicht geschafft, die bestellten Gutachter darüber auch zu informieren. Dafür ist meine Namenänderung bei Sozialversicherung und Krankenkasse nach 2,5 Monaten und viel Papierkrieg nun endlich durchgestanden. Ich habe eine neue Versicherungsnummer mit weiblicher Kennzahl und einen neuen Sozialversicherungsausweis erhalten und eine neue Chipkarte der Krankenversicherung müsste mir in den nächsten Tagen auch zugehen. Im Betrieb wurden meine Personaldaten ebenfalls auf meinen neuen Namen umgestellt Also ein weiterer kleiner Schritt in Richtung Normalität.

Für Ende Februar habe ich einen Beratungstermin in der Sanssouci-Klinik in Potsdam bekommen, für meine nun sehnlichst angestrebte GA-OP.

Ach, und da hatte ich dann auch noch so ein Erlebnis, ähnlich wie zum Bowling-Abend am 22.12.08 mit Arbeitskollegen von mir. Ich habe beim Einkaufen meinen Chef (Maschinenführer, dessen Stellvertreterin ich ja immer noch bin) getroffen. Natürlich hat er mich erkannt, auch schon meiner Partnerin wegen. Er hat mich keines Blickes gewürdigt. Das kann ja dann noch lustig werden, wenn ich wieder arbeiten gehe und wir wie bisher zusammenarbeiten müssen und auf engstem Raum bei der Montage im Wohnwagen leben. Ich hoffe nur, er "steckt" sich nicht bei mir an!  

 

Eintrag 13.03.09 

21. Woche meiner Hormonbehandlung. Mein Körper bekommt jetzt zusehends weibliche Konturen. Die Hüften werden langsam breiter, der Po ist längst nicht mehr so flach wie früher und mein Busen wächst ebenfalls. Auch meine Psyche hat sich nun endlich wieder gefestigt. Ich bin als Frau akzeptiert und werde auch so geachtet, was natürlich dem Selbstwertgefühl sehr viel Aufschwung gegeben hat. Bei einer Enttäuschung oder gar Rückschlag in meiner Transition, fange ich nicht gleich wieder zu heulen an. Ich habe mein Selbstbewusstsein zurück gewonnen. Einen ganz entscheidenden Anteil daran hat sicherlich auch die Tatsache, dass ich in drei Tagen mit Hilfe der plastischen Chirurgie mein Gesicht weiblicher gestalten lasse. Ich hoffe, das Ergebnis wird gut und die männlichen Züge sind so nicht mehr erkennbar. Die OP führt Dr. Krueger als Leiter der Klinik Sanssouci in Potsdam selbst durch. Zu ihm habe ich Vertrauen und mir sind auch nur positive Referenzen bekannt. In dieser meiner ersten Angleichungs-OP lasse ich dann noch die Oberlider straffen und einen Brustaufbau machen. Auch wenn meine Brüste (derzeit gerade mal 90 A) durch die Hormone noch etwas weiter wachsen werden, wird eine angenehme Proportion zwischen meinem Körperbau und der natürlich gewachsenen Brust nicht mehr erreicht werden.

Die gerichtliche Vornamenänderung macht nun endlich auch wieder Fortschritte. Meinen Termin für das zweite Gutachten hatte ich vor kurzem und das erste Gutachten, wie auch das erste Gutachten der Indikation für geschlechtsangleichende Operationen habe ich bereits erhalten. Bei meiner Krankenkasse läuft jetzt der Antrag auf Übernahme der OP-Kosten.

 

 

Bei all dem, was ich durchgemacht habe, die Höhen und Tiefen, lebe ich als Frau und bin Harumi Michelle, die ICH nun mal bin. Es gibt und ich will kein Zurück, ich will auch keine andere Alternative, weil es die nicht gibt. Ich liebe mein neues Leben und das lässt mich stark bleiben und trägt mich weiter.

Der Harald ist nur noch Bestandteil meiner persönlichen Lebensgeschichte. Zur Vollendung des weiblichen Körpergefühls "fehlen" zu diesem Zeitpunkt noch die entsprechenden Angleichungen.

Glücklich macht mich ebenfalls, dass meine Partnerin diese Harumi Michelle halbwegs versucht zu verstehen und vor allem auch akzeptiert, die ja immer noch ihr "Ehemann" oder besser ihre "Ehepartnerin" ist! Öfter schimpft sie aber; Harumi Michelle kann sehr gut Zicke sein.

 

Wir mussten lernen, dass "SIE" ICH sein wollte, "SIE" die Kraft hatte, sich einzufordern, "SIE"  mich miserabel fühlen lassen konnte, wenn ich versuchte, "SIE" zu ignorieren. Heute bin ich "SIE" !

 

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© H. M. Waßerroth