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Nach der Transition

Teil 4 - Der normale Alltag

 

Eintrag 02.02.2014

Schon einige Zeit habe ich hier nichts mehr geschrieben. Aber der Alltag, das ganz normale Leben hat nun mal nicht mehr so viele Highlights, wie damals die Transition. Es gibt einfach nicht mehr so viel zu berichten. Die tägliche Arbeit, die mir übrigens auch wieder Spaß macht, ist sicherlich für die Allgemeinheit nicht sonderlich interessant. Und immer das Gleiche schreiben; es geht mir gut, ich fühle mich jetzt wohl in meiner Haut, wird auf die Dauer langweilig und lockt keinen hinter dem Ofen hervor. Damals, in der Zeit des Identitätswechsels sammelte ich ständig bzw. machte ich immer wieder neue Erfahrungen, über die es sich lohnte, hier zu berichten. Aber ich glaube, ich wiederhole mich. Das habe ich hier wohl schon vor einiger Zeit mal geschrieben.

Ich habe gelernt, mit den ewig Gestrigen umzugehen. Sie sind eben unfähig zu begreifen, dass ich auch nur in Frieden mit mir und meiner Umwelt leben will. Genau so wie diese ehrenwerten Damen und Herren nehme ich mir das Recht heraus, glücklich und zufrieden zu leben, ob ihnen das nun passt oder nicht. Es gibt aber auch bei dieser Problematik Besserung. Bei einigen, die mich bis in die Steinzeit hätten verbannen wollen, scheint Einsicht einzukehren. Das Miteinander normalisiert sich langsam. Außerdem, transsexuell, das war ich mal. Ich habe zwar eine transsexuelle Vergangenheit, aber Transsexualität ist nicht mein Hobby. Und da stimme ich mit vielen überein, die diesen Weg auch gegangen sind, ob mit OP oder ohne, wie es ja nach dem Richterspruch des Verfassungsgerichtes vom 11.01.2011 möglich ist. Ich lebe mein ganz normales Leben ‒ als Frau!

 

Eintrag 28.12.2014

Lang ist es her, dass ich hier den letzten Eintrag geschrieben habe. Das Kalenderjahr geht jetzt zu Ende und ich habe mich aufgerafft, mal wieder einen Eintrag vorzunehmen.

Besonders Erwähnenswertes ist in der Zwischenzeit aber eigentlich auch nicht geschehen. Das Leben plätschert so dahin. Bei einem ausgefüllten Berufsalltag, mindestens einer Stunde Anfahrt und noch im günstigsten Fall ebenfalls nur einer Stunde Rückfahrt über die A 2, da bleibt dann nicht mehr viel Spielraum für Anderes. Ich beschwere mich aber nicht. Ich habe eine Arbeit, war noch nie arbeitslos, was heute ja nun gar nicht mehr so normal ist und bekomme auch noch einen relativ guten Lohn. Bei vielen anderen Trans* sieht es da viel schlechter aus, wie ich es bei einigen erlebt habe.

Flughafen München, Zwischenstation

auf dem Weg nach Kroatien

Anfang Mai war ich für eine Woche in Kroatien. Auch hier, wie allgemein sonst, gab es keine Probleme mit der Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Durch gutes Passing ist wie schon seit längerem nichts aufgefallen, ich wurde gesehen wie jede andere Frau auch, obwohl viele Mitreisende von meiner damaligen Identität wissen bzw. davon gehört haben. Aber die Wenigsten kennen mich noch in der damaligen Identität, also als Mann.

Bei denen, die nichts von meiner transsexuellen Vergangenheit wissen, wundert man sich schon öfter mal, oder wird aufmerksamer, wenn es zu einem Gespräch kommt, der Stimme wegen. Da habe ich bisher noch nichts gemacht, Stimmband-OP scheidet aus und zum Logopäden bin ich bis jetzt auch nicht gegangen. Gerade beim Telefonieren werde ich immer meist mit ‚Herr‘ angesprochen, das nervt manchmal schon. Selbst wenn ich mich bemühe, weiblicher zu sprechen – die Tonlage zu ändern, ist das Ergebnis meist doch nicht anders. Es liegt halt an der Resonanz und Melodie der Stimme. Heute kann ich noch nicht sagen, ob ich doch noch die Stimme trainieren werde. Dass das von Erfolg gekrönt sein kann, haben ja Freundinnen von mir nach intensivem Training bewiesen. Durch den täglichen Berufsalltag fehlt mir aber auch meist die Zeit dafür.

Dieses nun zu Ende gehende Jahr war bei mir aber auch geprägt von vielen sinnlichen Zeiten, vom Schwelgen in Erinnerungen, vom Zurückdenken an Gewesenes. Das aber alles ohne meinen Weg je in Frage zu stellen. Es gibt auch keinen Grund dafür – es geht mir gut, ich bin glücklich, ich kann mich in keiner Weise beklagen. Alles was ich anfasse gelingt meist super und ich bin dankbar dafür. Natürlich kommen mit dem Alter auch nach und nach die kleinen Wehwehchen, aber alles ist nicht dramatisch. Ich hoffe nur, dass es so bleibt, allen meinen Widersachern, denn die gibt es ja auch noch, zum Trotze. An deren Einstellung ändert sich auch bei noch so viel Trubel und Rummel um Toleranz und gegenseitige Achtung in den Medien seitens Einiger und der Regierung nichts. Die Ursachen liegen viel tiefer, aber da wird der Mantel des Schweigens drüber gelegt.

Das nächste Jahr wird bestimmt wieder interessant für mich und ich freue mich darauf, auch wenn ich dann wieder ein Jahr älter werde – seufz.

   

Eintrag 24.01.2016

Schon wieder ist ein Jahr um. Die Zeit rennt einfach nur so. Wie schrieb Wilhelm Busch schon: „Einszweidrei, im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit. –“  Zum normalen Alltag gab es wieder schöne Erlebnisse, wie auch nicht so schöne.

Ich hatte in den vergangenen Monaten hier zwar schon ein paar Mal angesetzt, um zu schreiben, hab dann aber immer nicht so den richtigen Faden gefunden und das Geschriebene wieder verworfen.

Was war nun seit meinem letzten Eintrag hier so alles passiert?

Ende Februar/Anfang März habe ich mit meiner Partnerin eine wunderschöne Rundreise durch Mexiko (etwa 2500 km) gemacht. Wir haben Tempelanlagen der Azteken und der Maja besucht, waren fast am Pazifik in der Nähe von Acapulco, am Golf von Mexiko und in Cancún an der Karibik. Im August war ich dann noch in Litauen, Lettland und Estland auf einer Rundreise. Bei dieser Reise war meine Partnerin wegen einer Erkrankung allerdings nicht mit dabei. Probleme gab es bei beiden Reisen keine. Ich habe wieder gut Anschluss gefunden, wurde wie jeder andere Reisende auch zuvorkommend behandelt, in allen Ländern. In unserer Reisegruppe wussten aber einige von meiner Vergangenheit. Wir waren schon öfter in einer Reisegruppe zusammen.

Ende Juli konnte ich sogar in einer Filmproduktion des NDR, ein Tatort mit Til Schweiger in der Hauptrolle, mitspielen, besser gesagt, meine Lok war auf unserer Anschlussbahn Ketzin bei dem Film „Off Duty“ bei Aufnahmen mit dabei und ich hab sie gefahren. War schon interessant bei solch großem Filmprojekt.

Allerdings gab es auch weniger schöne Erlebnisse, die ich so noch nie erlebt hatte. Ich habe lange überlegt, ob ich das hier überhaupt mit eintragen soll. Aber ich denke, dass es hier ruhig mit erwähnt werden sollte. Während meines Urlaubs in Mexiko erhielt ich eine Mail mit folgendem Inhalt, anonym natürlich:

Text-Zit. in unveränderter Orthographie:

>Als ich deine Webseiten gefunden habe, musste ich doch glatt erstmal lachen!!!

WAS bist du?

Nun komm mir nicht mit "Ich bin eine Frau"! Weil DAS bist du nicht! Du bist ein ES! Du hast kein Schwanz zum ficken und keine echte Fotze um gefickt zu werden! Was du hast ist ein Loch unten! Aber MEHR NICHT!!! Das hat weder eine Frau noch ein Kerl!

Somit bist du ein ES!

Ich habe glatt erstmal in der Facebookgruppe: "TÖTET TRANSGENDER" fleißig deine Webseite gepostet und wir haben SO über dich und deine Fotos gelacht...

Früher haste keinen hoch bekommen oder hattest ein Minischwanz und da haste dir sicher gedacht dass so wie du dich fühlst du dann doch eine Frau sein musst.... DOCH DAS BIST DU NICHT!!!

DU BIST EIN ES!!!

DU bist ein Mutant! Das ist so ekelig!!! Wenn ich mir vorstelle.... bäääh! Da könnte ich glatt mein Cuttermesser nehmen und dich verschönern...

Wärest nicht das erste Alien was ich verschönere! Das letzte hatte schöne Schnittwunden im Gesicht, dem körper und so! Leider lebte das Alien nicht mehr lange genug um mein Werk zu begutachen...

Ich weiß wo du wohnst!!!

Falls du meinst, dass es nicht sein kann, weil du ALIEN auf dein Wohl achtest usw:

Dein Name ist "Harumi Michelle Wasserroth"! Du wohnst in Brandenburg an der Havel!

DU bist kein Mann,
DU bist keine Frau!
DU BIST EIN ALIEN!
UND ALIENS MÜSSEN BEKÄMPFT WERDEN!!!

Ich werde nächste Woche wieder ein Alien aufsuchen und mit meinem neuen Cutter schöööööööön bearbeiten! Und meine Freunde machen das auch! Wir bearbeiten euch und dann könnt Ihr euch nichtmal mehr im Spiegel betrachten!

PASS auf wo du langgehst!!! Sowas wie dich wird geschlachtet!!! Auf dich sind 400 Euro Schlachtprämie von mir ausgesetzt! Also wer zuerst kommt, darf zuerst schnippeln

BIS DANN DU ALIEN! Wir sehen uns bald.... Wann und wo? TJA ich sage dir es sicher nicht, denn den dann anstehenden Spass wollen wir ja noch haben! Wir werden dich filmen und deine Schlachtung dann in unserer Gruppe online stellen!!!!!!

DER SCHLACHTER VON HAMBURG<

Und was will nun der Verfasser dieses hochintelligenten Textes mitteilen? Dass dieses jämmerliche Würstchen gern ein Alphatier sein möchte oder dass er als Versager im öffentlichen Leben nur so – kläglich versucht, sich Geltung zu verschaffen? Vielleicht darf er ja zu Hause nicht mal selbst bestimmen, wann er unter dem Tisch vorkommen darf.

Ernstliche Angst oder Schrecken hat er mir damit jedenfalls nicht eingejagt.

Ich habe das dann auf Anraten doch zur Anzeige gebracht: Beleidigung, Verletzung des Menschenrechts, Hass gegen Minderheiten u.a., obwohl ich mir da schon sicher war, dass das witzlos und vertane Zeit ist. Schon bei der Befragung durch den diese Anzeige bearbeitenden Beamten wurde deutlich, das hätte ich mir sparen können. Der Kriminalbeamte schien mit der Problematik Internetkriminalität hoffnungslos überfordert.

Der Kopf der Mail, den der Kriminalbeamte nicht mal auslesen konnte:

Return-Path: < >

Received: from emkei.cz ([46.167.245.71]) by mailin54.aul.t-online.de

            with esmtp id 1YQNqC-1DjsBs0; Tue, 24 Feb 2015 23:20:32 +0100

Received: by emkei.cz (Postfix)

            id 0CA4CD5666; Tue, 24 Feb 2015 23:33:07 +0100 (CET)

Date: Tue, 24 Feb 2015 23:33:07 +0100 (CET)

Content-Type: multipart/report; report-type=delivery-status;

            boundary="76E53D5663.1424817187/emkei.cz"

Message-Id: 20150224223307.0CA4CD5666@emkei.cz

Und so war es dann auch, schon 13 Tage später kam ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft Cottbus, dass das Verfahren eingestellt wurde:

Zit.: >Das Verfahren ist eingestellt worden, weil ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Weitere Nachforschungen versprechen zur Zeit keinen Erfolg.< Und dann das Übliche: Zit.: >Sollten sich nachträglich Anhaltspunkte für die Klärung dieser Straftat ergeben, werden die Ermittlungen von Amts wegen wieder aufgenommen.<

Es ist eben einfacher, sich am Straßenrand in irgendwelchen Mülltonnen zu verstecken und auf zu schnelle Autofahrer zu warten und im Nachhinein abzukassieren. Was interessiert da das von der Kanzlerin immer wieder gerade zitierte und strapazierte Grundrecht „die Würde des Menschen ist unantastbar!“.

Zit. einer Nachrichtenmeldung: >Mit Vorurteilen sei man ganz schnell dabei, warnt sie. Doch die Würde des Menschen sei unantastbar, das stehe schon im Grundgesetz. Das gelte nicht nur für die Deutschen oder jene, die in Deutschland lebten, sagt Merkel. "Sondern es gilt für alle Menschen."<

Unsere Sicherheitsorgane beweisen einmal mehr, dass sie immer weniger in der Lage sind, die eigenen Bürger im eigenen Land zu schützen. Die Politiker sudeln dazu ständig neue Floskeln, was wie sein müsse. Verfolgt man die Reden der Politiker aber über einige Zeit, widersprechen sie sich selbst an anderer Stelle wieder.

Hin und wieder kommt dann auch mal so etwas:

Return-Path: <uxun@gmail.com>

Received: from gmail.com ([177.11.244.166]) by mailin51.aul.t-online.de

                with smtp id 1aKmgx-1p4wws0; Sun, 17 Jan 2016 13:44:23 +0100

Message-ID: <C2243140.D369DD1C@gmail.com>

Date: Sun, 17 Jan 2016 13:44:47 +0100

From: "Jan Simon" <uxun@gmail.com>

To: "Jan Simon" <alex-lohr@t-online.de>

Subject: Hallo

Zit.:

>Hallo,

Suchst du einen Schwanz der dich durchfickt?

Melde dich bei mir in Skype!!

MeinMein Skypename: jansimon72<

Das sind nun unsere christlichen und freiheitlichen Wertevorstellungen, die wir anderen Menschen und ihren Religionen vermitteln wollen! Die Ordnungsorgane interessiert's wenig, sie verstecken sich ja in Mülltonnen am Straßenrand und warten lieber auf zu schnelle Autofahrer. Das ist wichtiger, um leere Kassen zu füllen. (Natürlich sind Kontrollen an neuralgischen Punkten wie Kindergärten, Schulen u. a. in dieser Art notwendig und richtig.) Hauptsache Frau Bundeskanzlerin singt in den höchsten Tönen von Menschenrechten. Ist ja auch viel einfacher so!

 

Eintrag 30.10.2016

Mein letzter Eintrag hier ist nun auch schon wieder eine ganze Zeit her. Ich habe in dieser Zeit zwei schöne Reisen (siehe Bilder) unternommen, aber auch so hat der ganz normale Alltag mich nicht enttäuscht. Mir geht es gut, Anfeindungen hat es auch nicht mehr gegeben. Auf meinen Reisen wurde ich so wie jede andere Frau akzeptiert, wenn es auch hin und wider einige fragende Blicke gab. Doch ich bin in letzter Zeit nachdenklicher geworden. Man fragt sich ja irgendwie mal wieder, wie wäre es mir ergangen, wenn ich nicht diesen meinen Weg so gegangen wäre. Wäre für mich das Leiben einfacher gewesen? Sicherlich, ich hätte die Dramatik der Transition nicht durchmachen müssen, aber, wäre ich so glücklich und zufrieden mit meinem heutigen Leben und mit mir selbst geworden? Ich glaube nicht, also habe ich doch alles richtig gemacht. Heute genieße ich mein Leben, freue mich über die schönen Reisen, die ich schon machen konnte in der Eigenschaft wie ich mich fühle und verstehe ‒ als Frau. Und gerade da, wo keiner mich kennt und um meine Vergangenheit weiß, ist es Balsam für die Seele auch so anerkannt zu werden. Hier zu Hause oder im Betrieb wissen viele was mal war und es kommt auch heute immer noch öfter vor, dass sie mich mit "er" anreden. Meistens beißen sie sich danach dann wieder auf die Zunge; das sollte doch nicht passieren und sie korrigieren sich gleich. Sicherlich machen sie das nicht mit Absicht, aber es ist halt doch wieder passiert. Na und am Telefon werde ich der Stimme wegen fast nur mit "Herr" angesprochen. Da wird sich wohl auch nichts mehr ändern und ich werde das wohl weiter so akzeptierten müssen. Außer, vielleicht kriege ich das doch noch auf die Reihe, wenigstens die Melodie meiner Stimme durch intensives Training auf weiblich zu trimmen. Denn das habe ich bis heute noch nicht geschafft.

 

Eintrag 03.03.2017

In der zurückliegenden Zeit seit meinem letzten Eintrag hier gab es neue einige Erlebnisse. Im Herbst vergangenen Jahres war ich wieder zum Klassentreffen unserer Klasse von der Berufsausbildung damals in Halle (Saale). Es war ja im vergangenen Jahr immerhin schon 40 Jahre her, dass wir das Abitur abgelegt hatten.

Vor drei Jahren, da war ich das erste Mal bei einem solchen Treffen mit dabei, gab es noch Vorbehalte, aber meist eher nur Berührungsängste mir gegenüber. Ich hatte damals lange hin und her überlegt, ob ich da überhaupt hinfahren soll. Was erwartet mich, wie reagieren die Anderen? Ich hatte meine Entscheidung aber dann nicht bereut. Dieses Mal bin ich ohne Bedenken gefahren. Man hatte sich an die Tatsache gewöhnt und es akzeptiert. Also wieder ein Beispiel, dass so etwas doch geht, man muss nur wollen. Natürlich gab es aus den Gesprächen heraus immer mal Fragen, aber das ist normal. Es war wieder ein schönes Treffen und wir wollen uns in ein paar Jahren wieder sehen. Ich freue mich schon darauf!

Im November ist dann, eher zufällig, der Redakteur Jürgen Lauterbach unserer hiesigen Tageszeitung, die "Märkische Allgemeine Zeitung" auf mich aufmerksam geworden. Er hatte darauf hin bei mir angefragt, ob ich einem Zeitungsartikel über mich zustimmen würde. Der Hintergrund des Zeitungsartikels war das anstehende 10-jährige Jubiläum meines Coming-outs. Natürlich habe ich zugestimmt, ich habe nichts zu verbergen. Das war ja alles so gewesen. Hier der Zeitungsartikel zum Nachlesen. Der Artikel, der anschließend noch von der Zeitung in der MAZ-online eingestellt wurde, war sogar noch etwas ausführlicher.

Wenn bei dem Artikel auch wieder von einer Geschlechtsumwandlung geschrieben wurde, fand ich es doch schon lobenswert, dass in unserer Tagespresse überhaupt über dieses Thema berichtet wird. Bei allem Fortschritt, den die OP-Technik gemacht hat, eine Geschlechtsumwandlung ist nicht möglich, lediglich eine Angleichung des Körpers an das andere Geschlecht ist machbar. Biologisch bleibt der Körper männlich.

Nach diesem Zeitungsartikel hatte sich der rbb und eine Filmfirma aus Hamburg bei mir gemeldet. Sie wollten eine Reportage drehen, hatten aber eher Interesse an meiner Ehepartnerin, wie sie damit klar kommt, denn wir sind ja nun schon über 30 Jahre miteinander verheiratet. Da meine Partnerin nun nicht der Mensch ist, der sich einfach vor eine Kamera stellt und ungezwungen ins Mikrofon redet und auch aus derzeitigen gesundheitlichen Gründen, haben wir abgelehnt. Nur mit mir wollte man nicht vorlieb nehmen. So ist das dann also nichts geworden.

Außerdem war dann Ende Januar der eigentlich noch nicht geplante Umzug dieser Domain zu einem anderen Provider zu vollziehen und das ging dann viel schneller als es sollte, so dass ich noch nicht mal ein komplettes Backup angelegt hatte. Da musste vieles wieder neu zusammengestellt werden, was ich mir eigentlich sparen wollte. Bei der Gelegenheit habe ich dann in den Bildergalerien die Organisation, wie seit längerem geplant und bei den letzten Jahrgängen früher schon erfolgt, umgebaut.

Jetzt freue ich mich schon auf meinen nächsten Urlaub, da geht es für eine Woche nach Madeira.

 

Eintrag 30.06.2017

Gestern war es nun 7 Jahre her, dass ich meine OP hatte. Da das ja nun kein Geheimnis ist und viele das auch wissen, hatten sich meine Kolleginnen im Büro dazu was einfallen lassen. Ich bekam eine kleine Schultüte mit reichlich Süßigkeiten und Utensilien für die Schule, was man aber auch im Büro nutzen kann, gefüllt geschenkt. In diesem Alter kommt man ja in die Schule und dazu haben sie mir gratuliert. Ich hab mich riesig darüber gefreut! Eigentlich feiere ich diesen zweiten Geburtstag im Jahr nicht sonderlich bzw. gar nicht, aber meine Kolleginnen haben daran gedacht. Auf diesem Weg deshalb an meine Kolleginnen nochmals einen riesengroßen herzlichen Dank! Sie haben mir wirklich eine große Freude bereitet.

Ansonsten gibt es nichts Wichtiges weiter zu berichten. Die Reise Ende März/Anfang April nach Madeira war wieder sehr schön. Meine Weiblichkeit wurde wieder so wie ich bin, allseitig akzeptiert. Es war alles volle Normalität und bis auf vielleicht mal fragende Blicke von denen, die mich nicht kennen, war nichts. Auch bei den Bewohnern auf Madeira gab es auf mich bezogen nichts Auffälliges.

 

Eintrag 31.12.2017

Eigentlich gibt es nach meinem letzten Eintrag vor einem halben Jahr hier nichts Neues zu berichten. Das Leben geht seinen gewohnten Gang und mir geht es gut.

Von Mitte Oktober bis in den November hinein war ich mit meiner Ehepartnerin zur einer Rundreise in Südafrika mit Abstechern nach Swasiland, Simbabwe und Botswana. Eine wunderschöne Reise, die ich jedem nur empfehlen kann. Angefangen hat unsere Rundreise in Kapstadt, dann ging es über die Garden Route, wir waren auf Safari im Krüger Nationalpark, im Hluhluwe Nationalpark und im Chobe Nationalpark und haben die Viktoria-Fälle besucht. Die Reise war zwar nicht billig, aber was wir alles erlebt und gesehen haben, ist eigentlich unbezahlbar. Wir waren eine recht große Reisgruppe, trotzdem hat alles super zueinander gepasst. Es war ein sehr gutes Miteinander. Ich wurde allseits geachtet und wie jeder andere auch gesehen. Sicher haben wir natürlich, auch bedingt, über Transsexualität geredet, aber immer sachlich und mit Achtung vor der Person. Ist doch ein Zeichen, dass so etwas geht und funktioniert. Auch von außen gab es keine Probleme. Noch heute denke ich voll Faszination und gern an diese Reise zurück. 

Doch, eins war da noch, aber nicht im Zusammenhang mit meiner Afrikareise, was ich hier nicht unerwähnt lassen möchte. Etwa Mitte Dezember war ein Kollege vom Standort mit meinem Chef bei mir im Büro, um etwas wegen der weiteren Planung zu klären. Dabei redete er von mir als "Er". Sonst will der Kollege immer alles sehr korrekt machen, hier hatte er aber versagt. Sicherlich war das nicht mit Absicht, er kennt mich noch von damals, und wenn das einer mit Absicht macht, dafür habe ich über die Jahre ein Gespür bekommen. Mein Chef hat ihn dann bestimmend zurechtgewiesen. Der Kollege wurde sofort rot und hat sich schnell weggedreht, damit das wohl möglichst keiner merkt. Schnellstmöglich hat er anschließend das Weite gesucht.

 

Eintrag 17.06.2018

Zurück von einem weiteren schönen, wenn auch in der zweiten Hälfte mehr von schlechtem Wetter geprägten Urlaub, hat mich das allgemeine Alltagsleben wieder. Wir waren diesmal auf der Mittelmeerinsel Sardinien mit einem kurzen Abstecher nach Korsika. Mit den meisten Mitgliedern dieser Reisegruppe war ich bereits schon mehrmals auf Reisen. Man kannte sich also schon. Auch diesmal gab es keine Probleme und ich wurde akzeptiert, so wie ich bin.

Aus dem Alltag gibt es nichts zu berichten, es läuft alles wie gewohnt und friedlich.

 

Eintrag 22.04.2019

In letzter Zeit habe ich einige Zuschriften bekommen mit der Feststellung 'Leider ist deine Webseite nicht mehr ganz aktuell, ...' Sicherlich, meine Seite ist heute nicht mehr so aktuell, meine Transition liegt aber auch schon 10 Jahre zurück. Ich bin dadurch diesbezüglich nun nicht mehr so auf dem aktuellsten Stand. Ich führe heute ein ganz normales Leben wie jede andere Frau, da gibt es nicht ständig was Neues zu berichten. Und der alltägliche Ablauf ist bestimmt nicht so interessant, dass ich darüber immer wieder berichten muss. Früher, gerade in der Transition, gab es ständig neue Highlights, das ist heute nicht mehr. Wenn es jedoch was zu berichten gibt, dann schreibe ich das hier auch rein. Die Besucherzahlen, aber auch Rückfragen oder einfach nur Anerkennung, bestätigen doch, dass immer noch Interesse an dieser Seite besteht.

Anfang März habe ich eine Transfrau kennen gelernt, die gerade mitten in der Transition steht. Da habe ich viel Aktuelles und Neues erfahren. Heute ist vieles weiter liberalisiert und einfacher als bei meiner Transition damals. Aber die Zeit hat sich ja auch weiter entwickelt, was man leider von einigen Menschen immer noch nicht behaupten kann.

Durch die räumliche Entfernung wird ein direkter Kontakt mit der Freundin meist nur auf die sozialen Netzwerke beschränkt bleiben müssen und aktuelle Informationen kann ich dadurch hier nicht einbringen.

Jetzt freue ich mich schon auf unsere nächste Reise, diesmal ist es eine Rundreise durch Montenegro.

 

Eintrag 21.06.2019

Unsere Reise nach Montenegro ist nun auch schon wieder seit über einem Monat Geschichte. Die Reise war schön und mit vielen landschaftlichen Reizen garniert. Viele Reiseteilnehmer kannten wir schon von früheren Reisen. Ich wurde völlig normal als weiblich akzeptiert, es gab keine Probleme.

Schon seit einiger Zeit hatte ich mir Gedanken gemacht, wie es mit meiner Lokomotive in Ketzin weitergehen soll. Ich werde auch immer älter und mit der Tauglichkeit zum Führen eines Triebfahrzeuges wird es dann einmal nicht mehr sein. Im Raum stand die Frage, ob ich noch einmal für eine Revision der Lok für weitere 8 Jahre Zulassung an die 20 Tausend Euro investieren will. Die Entscheidung wurde dann durch einen Getriebeschaden der Lok leichter. Die problematische Suche nach einem Reparaturbetrieb zeigte, dass zwar viele sich im Internet rühmen, wie gut sie auch Museumsloks reparieren würden, aber bei konkreter Nachfrage kamen sie nur mit Ausreden und Wenn und Aber. Sie können aufwendigste Fahrzeugsteuerungen reparieren, nur an ein einfaches mechanisches Getriebe trauen sie sich nicht heran. Hinzu kam dann noch ein nicht mehr tragbares Vereinsumfeld, so dass ich mit über der Hälfte der Vereinsmitglieder den Verein zum Monatsende verlasse. Die Lok ist bereits verkauft.

 

Eintrag 22.03.2020

Ich wollte ja immer schon öfter wieder hier schreiben, aber dann habe ich es doch von Mal zu Mal vor mir her geschoben. Berichten wollte ich von meiner letzten Reise nach Island. Island ist eine wunderschöne Insel, auch bei schlechtem Wetter. Der Weg dahin und auch wieder zurück war allerdings eine Odyssee, Service und Dienstleistung der Lufthansa wie auch der Flughafengesellschaften hier in Deutschland in Berlin Tegel und Frankfurt gleichermaßen eine einzige Katastrophe.

Heute wollte ich um diese Zeit, wo ich diesen Eintrag hier vornehme, schon wieder auf gepackten Koffern sitzen. Diesmal sollte es nach Vietnam und Kambodscha gehen. Da hat aber nun ein Virus uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das öffentliche Leben liegt am Boden und man selber versucht, damit so gut wie möglich klar zu kommen. Arbeitsmäßig gibt es für mich noch keine Einschränkungen, die Eisenbahn muss ja fahren und da wird jeder gebraucht, auch wenn ich mit dem direkten Betrieb nichts zu tun habe.

Hier in der Gegend wo ich wohne sind wir mit dem Virus bis jetzt noch relativ verschont worden. Aber nicht weit weg, in Berlin, sieht es schon recht böse aus. Hoffen wir, dass wir alle gut über diese unsichere Zeit kommen und danach wieder zur Normalität zurück kehren können.

Bleibt gesund!

 

Eintrag 08.10.2020

Nun leben wir schon ein halbes Jahr mit diesem Corona-Virus. Das Leben ist komplizierter geworden und bei der derzeitigen Lage wird es immer komplizierter. Man sieht kaum noch durch, was ist erlaubt oder was unterliegt Beschränkungen und morgen ist alles wieder anders.

Ich gehe nun mit großen Schritten auf die wohlverdiente Rente zu. Noch zwei Monate arbeiten, dann Urlaub und noch angesammelte Überstunden abbummeln, dann ist es soweit. Keinen Tag war ich arbeitslos, habe gut verdient und die Rente wird nun auch recht ordentlich. Bleibt zu hoffen, dass sich das Leben auf absehbarer Zeit wieder normalisiert und ich wie geplant mir noch viele Länder der Welt ansehen kann.

Im vergangenen August hat mich das Fernsehen angeschrieben, ob ich als Talkgast im "SWR-Nachtcafé" mit Michael Steinbrecher zum Thema "Was die Liebe aushält" teilnehmen würde. Ich habe ohne groß zu überlegen zugesagt. So bin ich Ende September zum "SWR-Nachtcafé" ins alte E-Werk nach Baden Baden gereist. Dort lernte ich die anderen Gäste, die ebenfalls über eine interessante und mehr oder weniger tragische Lebensgeschichte berichtet haben, kennen. Meine Teilnahme an dieser Runde habe ich nicht bereut. Es hat mir sehr viel Freude bereitet und ich werde immer wieder gern an diese Stunden als Gast im "SWR-Nachtcafé" zurückdenken. Außerdem bekommt man so eine Gelegenheit kaum ein zweites Mal.           

        

Quelle: SWR Nachtcafé "Was die Liebe aushält", 02.10.2020, © SWR / Baschi Bender

(zum Vergrößern auf das Bild klicken)

Weiter mit Teil 5.

Einige Bilder können ggf. vergrößert werden, einfach nur anklicken.

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Ich habe alles erreicht. Dieser Weg war über viele Abschnitte nicht leicht. Trotzdem habe ich es nicht bereut. Ich kann mit meinem heutigen Leben glücklich sein. Manchmal glaube ich immer noch, es ist nur ein Traum. Aber es ist Realität! Ich träume nicht mein Leben, ich lebe meinen Traum. Meine Partnerin hat mich akzeptiert und wir beide kommen gut damit klar.

 

ICH bin endlich ich selbst.

Ich kann endlich so leben, wie ich mich fühle und wie ich glücklich bin.

Ich bin in meinem Leben angekommen.

 

Alles echt, am 01.02.2011 mal wieder in unserer Lieblingsgaststätte.

 

Das bin ich, Harumi Michelle !

Alles echt - nichts muss mehr improvisiert werden!

Das Leben ist schön, wenn alles harmoniert!

 

Wird immer mal wieder ergänzt.

© H. M. Waßerroth